Dienstag, 10. Juli 2012

Michael Römling, Schattenspieler

- Aus dem Wohnzimmer wehte ein kühler Abendhauch, der durch das Loch seinen Weg in die Wohnung gefunden hatte. In der Ferne grummelte es vernehmlich. Ein Gewitter, dachte Leo. Um diese Jahreszeit, merkwürdig. Und dann wurde ihm plötzlich klar, dass das kein Gewitter war. -

In den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges begann die Rote Armee mit Panzern, einen Belagerungskrieg um Berlin zu bilden. Wenn man allerdings eine ganz gehörige Portion Glück und Mut besaß, konnte man an einigen Stellen noch lange in die Stadt gelangen. Durch Dreistigkeit und Kraft schafft es auch ein Lastwagenfahrer mit seinem Gefährt in die damalige Reichshauptstadt zu gelangen. Beladen ist das Fahrzeug mit 28 Kisten voller Schätze. Bis diese jedoch wirklich an ihrem Bestimmungsort in Berlin ankommen, muss ihr Transporteuer einige Menschen aus dem Weg räumen. Zufällig wird er bei einer seiner Taten, vor den Toren Berlins, von einem jüdischen Jungen beobachtet, der als U-Boot die letzten Kriegsjahre überlebte. Leo musste nach einem Bombenangriff aus der Stadt fliehen. Damit wurde er nicht nur zum Zeugen einer schrecklichen Tat, sondern rannte auch seinen Befreiern direkt in die Arme. Gemeinsam mit einigen Soldaten kehrt er nach Berlin zurück und wird in eine Villa im Westend einquartiert. Dort begegnet er Friedrich, der sich als wundervoller Freund und kleiner Draufgänger entpuppt. Gemeinsam unternehmen sie Streifzüge durch die Stadt und versuchen das Rätsel der 28 Kisten zu lösen. Allerdings bringt sie ihr Forscherdrang mehr als einmal in Gefahr.

Schattenspieler ist eine erstaunlich gute Kombination aus realer Geschichte und Fiktionalität. In einer ansprechenden, aber nicht zu simplen jungen und frischen Sprache, die frei von Schnörkeln ist und sich trotzdem auf einem hohen Niveau bewegt, erzählt Römling eine Geschichte voller Abenteuer und Freundschaft, die den Leser sofort packt und zum Verschlingen des gesamten Buches führt.
In die eigentliche Handlung, welche rasant verläuft und einem nur selten eine Atempause gönnt, werden kleine Weisheiten eingebettet, die auf der einen Seite wichtige Informationen enthalten und auf der anderen Seite zum Nachdenken anregen. Schon kleine Äußerungen einer Person sorgen dafür, dass man sich bewusst wird, welche Taten in der damaligen Zeit verbrochen wurden und dass die handelnden Menschen einfach normal weiterlebten, während vielen anderen gar nicht mehr die Möglichkeit gegeben wurde zu existieren.
Gleichzeitig werden aber auch Dinge angesprochen, die nach Kriegsende passiert sind und teilweise ebenfalls Verbrechen darstellen. Hier schafft es der Autor wundervoll die verschiedenen Rollen der Alliierten darzustellen und gibt ein differenziertes Bild der damaligen Wirklichkeit. Man saugt dadurch quasi ganz nebenbei wissen auf, dass man durchaus auch einmal im Schulunterricht anbringen kann. Zum besseren Verständnis der damaligen Vorgänge gibt es am Ende des Buches einen kleinen Glossar, in dem wichtige Wörter und Fakten erklärt werden.

Sollte man doch einmal das Buch zuklappen, was eigentlich ein Frevel ist, fällt sofort die tolle Gestaltung des Einbandes und des Vorsatzes auf. Außen befindet sich eine alte Berlinkarte, die genau den Bereich zeigt, welcher in dem Buch eine tragende Rolle spielt. Innen befinden sich Fotos aus der damaligen Zeit, die meiner Meinung nach alle Szenen aus Berlin oder dem Umland zeigen. Da möchte man gleich wieder in die Geschichte eintauchen.

Fazit: Warum in aller Welt habe ich noch nie etwas von Michael Römling gehört? Diese Mann kann Jugendbücher schreiben, die fesseln, tolle Details enthalten, Wissen vermitteln und einfach Spaß bereiten.
Ein absolutes MUSS! Ein hervorragendes Jugendbuch, an dem es aus meiner Sicht nichts zu meckern gibt.


Bestellnummer: 5307
ISBN: 978-3-8157-5307-1
Coppenrath Verlag
Format: 14,2 cm x 21 cm
Seiten: 352
ab 14 Jahren
 

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